Ein Projektvertrag entsteht ebenso wenig wie das Projekt selbst über Nacht. Im Gegenteil: Oft sind diverse Abstimmungsrunden zu komplexen Details – ob rechtlicher, technischer oder kommerzieller Natur – erforderlich, bei denen es einmal mehr auf Verhandlungsgeschick, Erfahrung und Fingerspitzengefühl ankommt.
Sebastian Herrmann und Julia Dunkel schreiben in ihrer Blogreihe „How to: Projektverträge“ über charakteristische Klauseln in Projektverträgen.
In vielen Projektverträgen – sei es im Bauwesen, im IT-Bereich oder bei sonstigen langfristigen Projekten – stellt sich regelmäßig die Frage nach der Notwendigkeit von Regelungen zu (nachträglichen) Preisanpassungen. Wie die Auswirkungen der Covid19-Pandemie, der Ukraine-Krieg, andauernde Handelskonflikte und die wiederkehrenden Störungen in internationalen Lieferketten lehrten und lehren, können vertragliche Preisanpassungsklauseln vor einer erheblichen wirtschaftlichen Schieflage bewahren.
Im Folgenden beleuchten wir, wieso das Gesetz bei krisenbedingten Preisschwankungen nicht weiterhilft, wo und wie vertragliche Regelungen helfen und welche Fallstricke bei der Formulierung von Preisänderungsklauseln zu beachten sind.
Verändern sich nach dem Vertragsschluss die preisbildenden Faktoren (insbesondere Rohstoffe, Energiekosten) muss der erste Blick in die Verträge geworfen werden. Haben die Parteien dort keine oder keine wirksame Preisanpassungsklausel vereinbart (dazu unten), hat der Verkäufer in den seltensten Fällen eine Chance, eine Vertragsanpassung aufgrund steigender Kosten einseitig durchzusetzen.
Vielfach wurde hier in Zeiten der letzten Rohstoffkrise mit § 313 BGB und der darin geregelten „Störung der Geschäftsgrundlage“ argumentiert. Allerdings ist dieses Tool zur nachträglichen Anpassung von Verträgen generell nur geeignet, wenn es sich um ein solches realisiertes Risiko handelt, welches beide Vertragsparteien zu gleichen Teilen schulterten. Dass der Verkäufer die vertraglich geschuldeten Produkte zu dem vertraglich festgelegten Preis an den Käufer gewinnbringend verkaufen kann, fällt hingegen seit jeher in seinen Verantwortungs- und Risikobereich. Die Rechtsprechung ist insoweit aus Verkäufersicht gesprochen gleichermaßen hart wie eindeutig. Die Hürden des § 313 BGB sind daher im Kontext mit Preisanpassungen kaum zu überwinden.
Die damit letztlich fehlende gesetzliche Anpassungsmöglichkeit macht eine vertragliche Regelung zur Preisanpassung nach Vertragsschluss in bestimmten Konstellationen länger laufender Projekte für den Lieferanten/Auftragnehmer nahezu zwingend.
Preisänderungsklauseln ermöglichen es, einen wesentlichen Vertragsbestandteil nach Vertragsschluss unter bestimmten Bedingungen noch einmal zu ändern. Diese Klausel soll die Vertragsparteien vor wirtschaftlichen Veränderungen, die während der Laufzeit des Projektes auftreten, schützen. Das betrifft insbesondere den Verkäufer. Denn gerade bei langjährigen Projekten ist eine Preisentwicklungsprognose unter Berücksichtigung der status-quo Preiskalkulation nahezu unmöglich. Der Verkäufer müsste eine genaue Marktanalyse betreiben, Preisschwankungen antizipieren und eine Rentabilität des Projektes prognostizieren.
Es bedarf also einer vertraglichen Regelung, die genau solche Entwicklungen – optimalerweise flexibel (schwierig etwa bei Index-basierten Klauseln) berücksichtigt. Doch der Spagat zwischen Flexibilität in Sachen Preisgestaltung auf der einen und einer transparenten und eindeutigen Regelung, wie es die Rechtsprechung fordert, auf der anderen Seite, ist groß.
Dieses dauerhafte Gleichgewicht von Preis und Gegenleistung stellt – zumindest, wenn es um standardisierte Verträge geht – gleichzeitig das maßgebende Kriterium bei der Wirksamkeitskontrolle vertraglicher Preisänderungsklauseln dar, da durch eine solche Klausel „nur“ das vertragliche Äquivalenzinteresse gewahrt werden darf. Klauseln, die so formuliert sind, dass nur eine Seite davon partizipiert (nämlich der Verkäufer), bedienen allenfalls das Interesse an einer Gewinnmaximierung und sind daher unwirksam. Um den strengen Wirksamkeitskriterien der Rechtsprechung zu genügen, darf eine Preisänderungsklausel daher gerade keine Hintertür des Lieferanten sein, um das bei Vertragsabschluss festgelegte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zu seinen Gunsten nachträglich zu verschieben.
Um eine solche einseitige Bevorteilung des Lieferanten/Auftragnehmers zu verhindern, fordert die Rechtsprechung ganz klar, dass eine solche Klausel sowohl Kostensteigerungen (Konsequenz: Preiserhöhung) als auch -senkungen (Konsequenz: Preisreduzierung) abbilden muss. Das mag aus vertrieblicher Sicht als Nonsens erscheinen. Es ist aber im Hinblick auf den Gedanken, dass ein solches vertragliches Preisanpassungstool der Wahrung des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses begründeten Äquivalenzverhältnisses dient, nur konsequent. Vor diesem Hintergrund fordert die Rechtsprechung zudem, dass die Klausel unterschiedliche Kostenelemente in der Preiskalkulation insoweit berücksichtigt, als eine Steigerung eines oder mehrerer Kostenelemente nicht zu einer Preissteigerung führen darf, wenn andere Kostenelemente sinken.
Ein weiterer ganz wesentlicher Punkt bei der Wirksamkeitskontrolle von Preisänderungsklauseln ist, zumindest in standardisierten Verträgen, das Transparenzgebot. Nach der Rechtsprechung müssen sowohl die Bedingungen, die zu einer Preisanpassung führen sollen, als auch der Mechanismus als solcher „transparent“ – also für den Vertragspartner klar und verständlich – formuliert sein.
Last but not least fordert die Rechtsprechung eine gewisse Mindestfrist zwischen Vertragsschluss und Leistungserbringung/Lieferung, welche gegeben sein muss, um eine Preisanpassung generell erst zu ermöglichen. Im B2B-Bereich sind das zwar nicht die aus dem Gesetz bekannten vier Monate, die gegenüber Verbrauchern genutzte standardisierte Klauseln berücksichtigen müssen. Eine jeweils „branchenübliche“ Mindestfrist wird aber auch im Unternehmerverkehr gefordert.
Betrachtet man die Wirksamkeitsanforderungen der Rechtsprechung zu der beschriebenen Variante flexibler Preisänderungsklauseln, mag man geneigt sein, das als rocket science abzutun und auf Alternativen wie Index-Klauseln und ähnliches auszuweichen. Solche Index-Klauseln tragen aber in der Regel zumindest nicht allen relevanten Kostenelementen Rechnung, bieten oft gerade nicht die nötige Flexibilität und können natürlich den Preis ebenfalls in die falsche Richtung laufen lassen. Mit einer flexiblen Preisänderungsklausel, wie oben beschrieben, kann steigenden Kosten fair begegnet werden. Das dem Verkäufer sonst allein obliegende Risiko wird zwischen ihm und seinem Vertragspartner aufgeteilt, was eine stabilere Planung und Durchführung des Projektes ermöglicht und damit auch im Interesse des Kunden liegt. Auch hier kann sich also der Aufwand einer sorgfältigen Vertragsgestaltung durchaus lohnen.
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