LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 6. September 2017 – 4 Sa 3/17 –
Immer wieder stellt sich in der Unternehmenspraxis die Frage, ob Arbeitnehmer auch dann (mehrtägige) Dienstreisen ins entfernte Ausland antreten müssen, wenn dies nicht automatisch mit ihrer vertraglichen Position (z.B. Außendienstmitarbeiter) verbunden oder ausdrücklich vertraglich vereinbart ist. Das LAG Baden-Württemberg hatte sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen.
Dabei hat es entschieden, dass ein Arbeitnehmer sich nicht grundsätzlich darauf berufen kann, nur in Deutschland eingesetzt zu werden, es sei denn dies wurde im Vertrag ausdrücklich festgehalten.
Der Fall
Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer, der als „Projekt- und Konstruktions-Ingenieur“ angestellt war, nach über 35 Jahren erstmals auf eine dreitätige Dienstreise nach China geschickt. Besonders pikant war der Fall auch deswegen, weil der Arbeitnehmer in China in einem „Stundenhotel“ untergebracht war und in das Stadtzentrum zu dem geplanten Kundenbesuch nur mit öffentlichen Bussen reisen konnte. Die Busfahrpläne waren ausschließlich in chinesischer Schrift gekennzeichnet, die der Arbeitnehmer nicht lesen konnte. Der Arbeitnehmer wehrte sich nicht gegen die „schikanösen“ Umstände der Reise selbst (diese war ja nach drei Tagen beendet), sondern wollte durch das Gericht allgemein feststellen lassen, dass er zu Dienstreisen ins Ausland nicht verpflichtet sei.
Das Urteil
Das LAG Baden-Württemberg hat die „schikanös“ erscheinenden Umstände der bereits abgeschlossenen Reise zu Recht außer Acht gelassen und ganz schlicht auf die Frage abgestellt, ob sich aus dem Arbeitsvertrag eine Festschreibung des Arbeitsortes auf die Bundesrepublik Deutschland ergebe oder nicht. Ist der Arbeitsort nicht vertraglich festgeschrieben, kann der Arbeitgeber nach § 106 GewO bzw. § 611a BGB den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen. Demnach sei der Arbeitgeber im entschiedenen Fall durchaus berechtigt, den Arbeitnehmer grundsätzlich auch im Ausland einzusetzen. Ob es sich dabei um das benachbarte oder weit entfernte Ausland (China) handelt, ist hierfür nicht entscheidend. Der Arbeitgeber müsse im Einzelfall nur die Grundsätze billigen Ermessens beachten, die in Bezug auf die Unterbringung in einem weit entfernten Hotel mit fragwürdiger Klientel wohl überschritten waren.
Bewertung
Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg ist in rechtlicher Hinsicht gut nachvollziehbar. Zwar spricht sehr viel dafür, dass die Unterbringung des Arbeitnehmers in einem weit entfernten (Stunden-) Hotel im Einzelfall unbillig war, sodass der Arbeitnehmer diese Dienstreise – hätte er vorher davon gewusst – nicht hätte antreten müssen. Darum drehte sich der Rechtsstreit aber nicht, da der Arbeitnehmer ganz grundsätzlich ausschließen wollte, zukünftig noch Dienstreisen ins Ausland unternehmen zu müssen. Eine solche allgemeine Eingrenzung des Arbeitsortes muss jedoch im Arbeitsvertrag vereinbart sein.
Dies war hier nicht der Fall, sodass der Arbeitnehmer auch zukünftig grundsätzlich wird Auslandsreisen antreten müssen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass er bei zukünftigen Fällen die gebuchte Unterkunft vorab gründlich überprüfen wird.
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